Artist: Philip Zoubek Trio Extended Title: Mirage
Format: CD/LP/Digital
Release Date:
15.9.2023
bandcamp
MusikerInnen
Philip Zoubek – (präpariertes) Klavier, Synthesizer, Komposition David Helm – Bass
Dominik Mahnig – Drums
Elisabeth Coudoux – Cello
Leonhard Huhn – Holzblasinstrumente Shiau-Shiuan Hung- Vibraphon, Cello
Der Pianist Philip Zoubek hat mit seinem Trio mit Kontrabassist David Helm und Schlagzeuger Dominik Mahnig dem vielleicht klassischsten Jazzformat erneut unverhoffte Facetten und Formen eingeschrieben – mit bemerkenswert schlüssigen Ergebnissen.
Nahtlose Übergänge von Komposition und Improvisation kennzeichnen die bisher erschienenen Alben „Outside“ (2016), „Nonplaces“ (2020) und „Labyrinthus“ (2022). Zwischen kontemplativer Ruhe, Repetitivem und hoher improvisatorischer Intensität schaffen die Musiker auch durch die Einbeziehung von Elektronik, Präparationen des Flügels und extended techniques Atmosphären jenseits des Gängigen.
Für ihr neues Album “Mirage” ist das Trio gewachsen: Auf ein Sextett erweitert, legt es sein bisher radikalstes Werk vor. Mit der Hinzunahme von Cello, Holzblasinstrumenten und Percussion erzeugt das Sextett leuchtende und bisweilen orchestral aufgeladene Charakterstücke zwischen Jazz, neuer Musik, Elektronik und Ambient. Kaleidoskopartig schillert diese Musik in vielen Farben, die auseinander hervor- und ineinander übergehen. In klanglicher Feinarbeit entsteht so eine pointierte Ensemblemusik, ein Gruppenklang, der originell unverbraucht ist – voller Spannung und Elastizität.
Nina Polaschegg über “Mirage”:
“Pulse, Patterns, additiv zusammengesetzte Gesten, Variationen derselben” – so zieht es sich durch die CD. Immer wieder ein neuer Blickwinkel, eine andere Variante, mit Differenz und Wiederholung umzugehen. Philip Zoubek befragt dieses alte Thema neu. Was lässt sich mit Pulsen, Repetitionen und Patterns alles anstellen, ohne dabei in simplen Drive zu verfallen? Wie lassen sich kurze Gesten als Bausteine verwenden, die rhythmisch und strukturell geformt werden? Wie lassen sie sich klug und subtil aufbauen, variieren, entwickeln? Auseinanderspreizen, zusammensetzen? Rhythmisch, motivisch, klangfarblich. Welche Funktionen übernehmen Pulse, Pattern und gestische Elemente im jeweiligen Stück?
Sich entwickelnde Pulse oder Drones können als Basis dienen, über die sich das weitere Geschehen lagert wie etwa in The Buzzing. Als Zusammenhalt, als Spannungsbogen. Sie können aber auch als Reibung für klanglich-gestische Kommentare dienen. Sie können in Form von Tuttischlägen sich zusammensetzende Pattern entwickeln, die im Verlauf von einigen Instrumenten nach und nach wieder verlassen werden, sodass sich aus einem mehr oder weniger linearen Strang ein vielschichtiges Klangbild entwickelt. Pulse können als Trigger dienen, als Initialzündungen, die quasi aufblühende Akkorde anstoßen. Oder aber es entsteht eine ruhig fließende Klangfläche, die aber gerade nicht, wie so soft, durch Schichtungen durchlaufender Linien zusammengesetzt wird, sondern durch raffiniert ineinander greifende Aktionen der einzelnen Instrumente. Aber sind denn wirklich immer Pulse der Ausgangspunkt, die Initialzündung? Oder sind sie nicht vielmehr immer wieder auch Ergebnis des klanglichen Geschehens? Eine Frage der Hörperspektive. Denn raffiniert konstruiert – und damit mehr als nur einen Hörfokus bietend – sind sie allemal die Kompositionen Phillip Zoubeks, die die Band interpretiert, improvisierend ausgestaltet und weiter spinnt. Er nennt es auch eine „kubistische Art mit Material umzugehen“. Blöcke, Gesten, kurze Linien werden aneinander gereiht, wiederholt, geschichtet, um später in Variation wieder aufzutauchen. Variiert in Form und Klangfarbe wie etwa in Labyrinthus oder Robotics. Zur klangfarblichen Vielfalt tragen dabei nicht nur die unterschiedlichen Instrumente bei, sondern auch die Palette an traditionellen wie erweiterten Spieltechniken.
Ob ruhig oder energetisch, farbig dunkel oder geschärft, ob scheinbar statisch oder kontrastreich bewegt – den sechs Musikerinnen und Musikern scheinen die Ideen nicht auszugehen. Und: sie entwickeln ein gutes Gespür für Längen – und haben in die zwischen rund 3 und 8 Minuten dauernden Stücke auch kurze, bis knapp eine Minute währende Miniaturen eingestreut. Kaum meint man das Prinzip verstanden zu haben, ist es auch schon vorbei.”
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