IL PICCOLO INCIDENTE
Peter Evans / Alfred Vogel
„Il Piccolo Incidente“ zeigt, das manches negativ besetzte Wort sich schnell ins Gegenteil wandeln kann. Hängt alles nur von der Perspektive ab.
IL PICCOLO INCIDENTE
Peter Evans, pocket trumpet
Alfred Vogel, drums & percussion
BOOMSLANG RECORDS www.traps.at
Release: April 2016
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Was wäre freie, spontane, improvisierte Musik nur ohne all die kleinen Zwischenfälle, ohne das Unvorhergesehene, das Unbeabsichtigte, das die Beteiligten zum Reagieren, zum Umdenken zwingt und dem nicht vorgeplanten Miteinander erst diese Würze, dieses Geheimnisvolle gibt. Nun bezieht sich der Titel eines unmittelbar nach dem „Bezau Beatz“-Festival 2014 entstandenes Albums, das der Amerikaner Peter Evans und der Vorarlberger Alfred Vogel eingespielt haben, zwar auf eines der beteiligten Instrumente, die Taschentrompete nämlich und heißt deshalb „Il Piccolo Incidente“ – aber ganz falsch wäre es sicher nicht, wenn „Il Incidente Piccolo“ in fetten Lettern auf dem Cover stünde.
Sich ohne Notation, ohne Absprache aufeinander einzulassen, birgt immer Risiken – aber die können sich lohnen, wenn man einander vertraut und immer wachsam bleibt. So kann mancher Unfall zum Glücksfall werden.
Duos für Piccolo-Trompete und erweitertes Schlagzeug-Set – auf dem Papier mutet das nach einer spröden Angelegenheit an. Wie gut das uns der durch Bands wie „Mostly Other People Do The Killing“, aber auch in Neue Musik- und Barock-Zirkeln bekannte Peter Evans und Alfred Vogel – Percussionist, Betreiber des Labels Boomslang und Gründer des Bezau Beatz-Festivals – eines Besseren belehren.
Ihre sieben offenen, aber kompakten Improvisationen sind dichte Klangbilder, in denen es um dynamische Feinarbeit, um tension and release, ums konzentrierte einander Abtasten, aber auch ums Loslassen geht. Alfred Vogel versteht sich nicht nur auf die rhythmische Komponente des Musizierens. Er kreiert Texturen, Flächen, Sounds, Strukturen aller Art, auf die Peter Evans mit engmaschigem Spiel reagiert, in auf- und absteigenden Motiven, kreiselnden Figuren, unwegsamen Linien – mal nutzt er dabei den natürlichen, hellen Klang des Instruments, aber er, der sich auf „extended techniques“ versteht, verfällt auch mal in infernales Geschnatter und andere Formen des Ausdrucks.
„Il Piccolo Incidente“ zeigt, das manches negativ besetzte Wort sich schnell ins Gegenteil wandeln kann. Hängt alles nur von der Perspektive ab.